Angst vor Kindheitserinnerungen

Viele Holocaustüberlebende sind auf sich selbst gestellt. Neben finanziellen Problemen macht ihnen Einsamkeit zu schaffen. Deshalb bietet das ICEJ-Team auch ein Freizeitprogramm für die Bewohner des Haifa-Heims an.

 

Verdrängte Erinnerungen

Schwer traumatisiert durch ihre Vergangenheit, konnten viele Holocaustüberlebende in ihrem Leben später keiner geregelten Arbeit nachgehen. Deshalb genügt ihre spärliche Rente kaum, um Lebensmittel und Medikamente zu kaufen, Miete und Nebenkosten zu zahlen. Das wenige Geld reicht erst recht nicht für Therapeuten, Hobbys, Restaurantbesuche oder Ausflüge. Ohne Ansprechpartner und Unterstützung von außen leben viele Betroffene deshalb sehr isoliert. Die erzwungene Einsamkeit lässt sie verstummen und bringt verdrängte Erinnerungen aus der Kindheit zurück – Erinnerungen an die Schrecken der Schoa.

Fröhliche Stimmung

Das ICEJ-Team kümmert sich deshalb nicht nur darum, dass Holocaustüberlebende ihren Lebensabend frei von finanziellen Sorgen in Würde verbringen können, sondern bietet vielfältige Freizeitaktivitäten an und sorgt für fröhliche Stimmung im Heim. Jeden Nachmittag trifft man sich im Clubraum zum Austausch. Dann wird gespielt oder gebastelt. Es gibt wöchentliche Tanzabende und Konzerte, Gymnastik, Therapiestunden und sogar Hebräisch-Kurse.

Ausflug ins Gewächshaus

Regelmäßig bietet unser ICEJ-Team außerdem Ausflüge an. Viele unserer Bewohner lieben Blumen und hatten früher selbst Gärten. Aber manche sind inzwischen zu schwach, um allein nach draußen zu gehen und die blühende Natur zu genießen. Deshalb wurden die Senioren kurzerhand zu einer Fahrt in den Kibbuz Yagmur eingeladen. Der Kibbuz liegt am Berg Karmel nicht weit entfernt von Haifa. Hier gibt es eine große Pflanzenschule und ein Gewächshaus mit farbenprächtigen Blumen. Der Bummel durch das duftende Blumenmeer wurde mit einem Besuch im gemütlichen kleinen Café der Anlage gekrönt.

Freude für die Seele

Heim-Bewohnerin Sofia empfand den Ausflug als Balsam für ihre Seele. „Diese Blumen erfreuen nicht nur meine Augen, sie erfüllen auch meine Seele mit Freude“, erklärte die Seniorin. Auch Julia, eine Holocaustüberlebende, die an den Rollstuhl gefesselt ist und erst kürzlich aus der Ukraine fliehen konnte, bedankte sich sehr für die gemeinsamen Ausfahrt: „Alles, was ich bisher sehen konnte, war meine Wohnung, der Speisesaal des Haifa-Heims und die Arztpraxis.“

Vogelperspektive

Das ICEJ-Team konnte für die Senioren außerdem bei herrlichem Wetter eine besondere Besichtigungstour durch Haifa anbieten. Höhepunkt war eine Fahrt in Haifas neuer Seilbahn. Die Vogelperspektive bot einen großartigen Blick auf das Meer, die Wälder und die Gebäude der Stadt. Auf dem Berg oben angekommen blieb Zeit für einen Abstecher ins Café. Müde, aber sehr zufrieden und erfüllt mit neuen Eindrücken und Erlebnissen kam die Ausflugsgruppe zurück. „Ich bin so froh, dass ich dabei sein konnte“, fasste unsere Heim-Bewohnerin Emma zusammen: „Das ist viel besser, als den ganzen Tag allein daheim zu sein.“

Junge Besucher

Zu den Gästen der letzten Wochen gehörte eine Studentengruppe der „Haifa Reut Schule der Künste“. Die Studenten arbeiteten an einer Foto-Ausstellung zum Thema Holocaust. Die Einladung zum Fotoshooting und zum Interview nahmen unsere Heim-Bewohner gerne an. Die Zusammenarbeit mit den Studenten bereitete den Senioren viel Vergnügen. „Das Zusammensein mit jungen Menschen, die so voller Leben sind, macht mich glücklich“, freute sich die 91 Jahre alte Zelda.

 

Bitte unterstützen Sie Holocaust-Überlebende mit einer persönlichen Patenschaft.